Testberichte

Test 1

Bei diesem Test steht wie auch schon bei Restkunst 2012 in Koeln the dematerialization of the art object von Lucy Lippard im Mittelpunkt. Wenn alle Elemente eines Kunstwerkes inhaltlich und formal dicht beieinander liegen, bilden sie eine Ordnung, bei der alle Varianten von anthropomorpher Gestalt bis zu abstrakter Entropie moeglich sind. Im besten Fall gehoeren alle Elemente nur einer einzigen Menge an, obwohl dass eigentlich nicht geht, weil der Kontext immer eine noch groessere Menge darstellt, der sich jedes Kunstwerk unterordnen muss, so hermetisch es auch sein moechte.

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Dematerialisierung wuerde bedeuten, dass die Elemente in eine andere Ordnung ueberfuehrt werden und vielen anderen Mengen angehoeren koennen. Das Kunstwerk ist in seiner materiellen Dimension als solches nicht mehr geordnet wahrnehmbar. Was damit auf anderen Ebenen auch auf immaterielle Weise geschieht, bleibt zunaechst spekulativ. Man koennte von der Herstellung oder dem Zulassen von Unordnung sprechen, wenn die Ordnung eines Kunstwerkes idealisiert betrachtet wird. Ein alltaegliches Beispiel einer solchen Unordnung ist der Verwesungsprozess, der spaetestens mit dem Ableben eines Organismus, wenn nicht schon mit der Geburt, einsetzt.

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Diesem 1. Test soll eine dreistufige Sandsteinpyramide unterzogen werden, die den Titel “schaedel statt” hat, weil sich in ihr ein Hohlraum befindet, der einem menschlichen Schaedel Platz bieten wuerde. Sie stellt gewissermassen die Huelle einer Huelle dar, denn der Schaedel ist ja auch ein Hohlkoerper, wenn ihm das Gehirn fehlt. Das Gehirn wiederum ist die Huelle des Denkens, die Gedanken der … Sie besteht aus 8 quader- und wuerfelfoermig gesaegten Sandsteinen, die in einer bestimmten Ordnung aufgebaut werden. Anstatt bei diesem Test nun die Ordnung aufzugeben oder zu zerstoeren, was ja am naechsten liegen wuerde, wird sie abgebaut, transportiert und an einem anderen Ort wieder errichtet. Die Herausforderung besteht darin, das auf dem Grab der Familie Budelmann-Trantel auf dem doerflichen Friedhof zu tun. Die Inschrift des Familiengrabsteins ist nicht zu lesen, weil sie von Blumen verdeckt wird. Genauso gross und gut sichtbar hingegen ist der familienfremde Grabstein des frueh verstorbenen Mannes der Tochter. Danach wurde ein armselig kleiner Stein der Mutter bei ihrem Tod auf den nackten Erdboden gelegt und versteckt sich nun unter dem Beet. Bei der Beerdigung des Vaters hat sich durch die Weigerung der Tochter und eines Bruders, die Urne ein Stueck um die Kirche herum zu tragen, schon der Widerwille kundgetan, dem Vater zu Ehren ueberhaupt noch einen Stein oder eine Inschrift hinzuzufuegen und damit die Friedhofsordnung weiter zu stoeren. Wenn es moeglich gewesen waere, haette ich fuer den Vater gern einen Lehmklumpen aus der Marsch und fuer die Mutter einen Strohballen aus dem Bruch aufgebaut und vergehen lassen. Aber nun will ich der beispiellosen Unordnung nur noch symbolisch die schaedel statt hinzufuegen, ohne mit meinen Geschwistern vorher darueber gesprochen zu haben. Ihr Ordnungssinn oder der Zahn der Zeit werden in Zukunft erweisen, ob diese Massnahme Dematerialisierung eines Kunstwerkes genannt werden kann.

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Test 2 a und b

An den beiden Stellen in der Stube, wo diese Bilder hingen, sind die Tapeten weniger vergilbt.

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Eines war ein schwarz gerahmtes helles Oelbild eines regionalen Malers namens Meier, auf dem drei Pferdekoepfe an einer Traenke dargestellt waren. Es ist vermutlich von der Dematerialisierung verschont worden, weil der aelteste Bruder darin einen gewissen materiellen Wert vermutet. Jedenfalls hat er Erkundigungen in der Richtung angestellt. Ein besserer Grund waere gewesen, dass er die Liebhaberei fuers Pferderennen oder das Wetten als einzige Gemeinsamkeit mit dem Vater teilt und deswegen das Bild als Erinnerung verwahrt oder vielleicht sogar aufhaengt und anschaut.

Das andere war eine gold gerahmte billige Reproduktion von Cezannes Kartenspielern, die mich immer an Waldemar und Fidel erinnert haben. Erster war ein zigeunerbluetiger, unberechenbarer, homosexueller Knecht des Bauern Otto, der sich in einen Nachbarjungen verliebt hatte. Zweiter ein alleinstehender Bauer, der sich nicht von seinen Eltern bevormunden liess und eines Tages tot im Pferdestall aufgefunden wurde. Diese Reproduktion haben die Geschwister sicher im Sperrmuell entsorgt. Darum ist es nicht schade. Aber dass es im Dorf nicht mehr so eigenartige Typen von Menschen gibt, ist eine Schande fuer die Zivilisation. Nur noch davon erzaehlen zu koennen, ist ein schwacher Trost.

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Test 3 (Testverbot)

In der Mittelstufe habe ich aus Langeweile waehrend des Unterrichtes an meinem Stuhl geschnitzt, bis er vom Klassenlehrer entdeckt und konfisziert wurde. Unter Androhung einer Rechnung an meine Eltern verschwand er dann aber von der Bildflaeche. Sechs Jahre spaeter ueberreicht mir der Direktor des Gymnasiums zur Abifeier diesen Stuhl. Wenn man von der beim Experimentieren mit Streichhoelzern in Flammen aufgegangenen Scheune absieht, koennte man den Stuhl als das erste noch erhaltene Kunstwerk bezeichnen.

Als ein ehemaliger Mitschueler und unser Klassenlehrer die Testkunst in Riede besuchen, entdecken sie foermlich als erstes diesen Stuhl und ermahnen mich, ihn unter allen Umstaenden zu behalten.

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Test 4

Nach meinen ersten Aufenthalten in China ist unter dem Eindruck der Kultur eine Reihe von pentatonischen Arbeiten entstanden, bei denen musikalische Proportionen auf Flaechen und Koerper uebertragen wurden. Mit einer dieser Arbeiten, die sich aus 5 Stahlkreisen zusammensetzt, will der Physiker Wolf Seelert experimentieren und sie zum Klingen bringen.

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Lao Zi unterscheidet am Beispiel einer Tasse, eines Rades und eines Hauses materiellen und funktionalen Wert. Der erste begruendet sich aus dem Material, aus dem ein Ding besteht, aber seine Funktion, sein Nutzen findet sich in der Leere, naemlich dort, wo das Ding nicht ist. Uebertraegt man diesen Gedanken auf Kunst, liegt nahe, dass ihr Nutzen darin besteht, dass sie wahrgenommen wird. Wenn das geschehen ist, hat sie ihre Bestimmung erfuellt und koennte eigentlich verschwinden. Genau das wird sich ereignen, wenn Wolf Seelert Toene auf den penatonischen Stahlkreisen anschlaegt und verklingen laesst.

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Test 5

Eine fuer lange Zeit vermisste Kiste mit einem Multiple in einer Auflage von 49 Exemplaren ist wieder aufgetaucht. Nachdem es einmal in Muenster ausgestellt war, haette es viele weitere passende Gelegenheiten gegeben, es zu zeigen oder damit Handlungen auszufuehren. Leider war es in der Unordnung des Lagers nie zu finden. Es hat den Titel “freier wertetausch”.

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Anders als bei den Sanduhren, fliesst hier kein Sand von einem Behaelter in den anderen. Hier kann die Luft in beiden Richtungen frei hindurchziehen. Die Faehigkeit der Luft, das auch ohne dieses Multiple tun zu koennen, hat mich davon ueberzeugt, dass diese Arbeit ihren Zweck bereits erfuellt hat und ihr materieller Anteil, die Flaschenhaelse und Schlauchstuecke, davon abfallen koennen, so dass nur noch die Luft und Leere zurueckbleiben.

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Test 6

Dieser Test ist ein re-enactment, die Rekonstruktion einer Arbeitssituation in einem Atelier zusammen mit den damals 1- und 3-jaehrigen Soehnen.

Nach einem Jahr Reparatur des Daches auf dem Bauernhaus in Riede und gemeinsamem Leben darunter mit meinen Eltern hat sich herausgestellt, dass mein Vater zu Kommunikation nicht faehig und zu Kompromissen nicht bereit war. Gluecklicherweise haben wir im Schloss Bleckede dann eine voruebergehende Bleibe gefunden. Auf dem Boden des dortigen Ateliers wurden Bleche ausgemessen, zugeschnitten, gebogen und gefalzt, geloetet und aufgebaut. Das alles, waehrend der aeltere Sohn vor meiner Nase mit einem Hammer auf denselben Blechen herumklopfte, die ich bearbeiten wollte, und der juengere sich wippend an meinem Ruecken emporhangelte und seine ersten Stehversuche unternahm. Sie konnten sich daran natuerlich nicht erinnern. So habe ich ihnen nach 25 Jahren die Geschichte erzaehlt und wir haben versucht, die Situation nachzustellen.

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Test 7

Bei einer finanziell nicht sonderlich erfolgreichen Ausstellung im Art Studio 1 in Deinste hat mir wenigstens der Galerist Gerd Meier 3 Deutsche Staedte abgekauft. Es handelt sich um kreisfoermige Stadtkarten hinter Glas, aus denen jeweils eine Flaeche ausgeschnitten und mit Blau hinterlegt wurde.

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Nach gut 20 Jahren stellt der Galerist fest, dass die Karten keine Signaturen haben und bringt sie deswegen bei seinem Besuch der Testkunst mit. Es gibt noch 25 weitere Deutsche Staedte, die waehrend der ganzen Zeit nicht sehr sachgemaess gelagert waren. Ich beschliesse, sie dem Galeristen zu schenken, damit sie in Zukunft in professionellen Haenden sind und bei passender Gelegenheit auch einmal gezeigt werden. Wenn sie so den Weg in den Kunstdiskurs finden, ist ihre materielle Existenz nur noch fuer diejenigen entscheidend, die am materiellen Wert interessiert sind. Ihre Funktion aber haben sie damit schon erfuellt.

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Test 8

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Dieses Zelt war in einer Tankstelle aufgebaut, die vor ihrem Umbau zur Toepferwerkstatt der HBK Braunschweig fuer eine Reihe von Ausstellungen benutzt wurde. Die Innenwaende des Zeltes wurden waehrend einer Performance von Werner Georgius, Brigitte Raabe und Piet Trantel bemalt. Von aussen sahen die Zuschauer nur die Verformungen der Zeltwaende, wenn sie von den Pinseln beruehrt wurden. Danach wurde das Zelt abgebaut und gelagert. In all den 30 Jahren hat bisher niemand ausser den drei Performern die Bemalung gesehen. Ausgebreitet in der Mistgrube auf dem Hof nimmt ausser dem Regen, der die Farben noch einmal kraeftig aufleuchten laesst, keiner Notiz davon.

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Test 9

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In einem Wettbewerb fuer Kunst am Bau wurde dem Bundesfinanzminsterium in Berlin vorgeschlagen, einen Schrebergarten fuer die Nutzung und Betrachtung der Mitarbeiter im Innenhof einzurichten. Die Jury hat sich fuer eine pflegeleichte und unkomplizierte Stahlskulptur eines erfolgreicheren Kuenstlerkollegen entschieden. Damals wimmelte es in den Staedten noch nicht von urban gardens. Diesen Vorschlag heute zu machen, waere fast epigonenhaft, waehrend Stahlskulpturen zeitlos bleiben. Ars aeterna, vita brevis. Dann lieber eine lebendige Kunst, deren Mindesthaltbarkeitsdatum irgendwann ablaeuft.

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Test 10

Ein 1,80m hohes Podest, in dem 4 Stufen verstaut werden konnten, war anlaesslich einer Ausstellung in Wolfenbuettel das Werkzeug einer Performance, bei der Ernst Jandl’s “doppelt so weit” vorgetragen wurde.

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Bei jeder Zeile des Gedichtes wurde das Podest ueber die Stufen bestiegen und von oben wieder herabgesprungen. Damals war ich 32 und Ernst Jandl 64. Sein damaliges Alter habe ich noch nicht ganz erreicht, weiss aber schon, dass ich nicht mehr doppelt so weit gehen werde. Ausserdem habe ich festgestellt, dass sich die Gelenke bei Spruengen aus einer solchen Hoehe nicht sonderlich erfreuen, denn die Sehnen und Muskulatur fangen den Aufprall nicht mehr so federnd und sanft ab. Da also in Zukunft die Wiederauffuehrung der Performance immer weniger in Frage kommt, ist es schon aus gesundheitlichen Gruenden verstaendlich, sich bei dieser Gelegenheit von dem Requisit zu trennen. Alles andere waere wirklich Theater. Selbst die Eulen haben schon drauf geschissen.

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Test 11

Die Saerge 386 und 387 sind einfache Verbrenner, d.h. sie sind ohne zusaetzliche Materialien aus billigem Fichtenholz gefertigt, Deckel und Boden haben eine schnoerkellose Walmdachform. Aus dem einen entstand ein sich gegenueber stehendes Bildpaar, bei dem anderen steuert ein Boot auf ein Haus zu, das sich aus einem Sockel zusammensetzt, auf dem der Deckel des Sarges als Dach ruht.

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Sie wurden mehrmals ausgestellt und in Katalogen abgebildet. Die letzten 20 Jahre haben sie wohlverstaut in der Scheune verbracht. Vor einem Jahr ist mir aufgefallen, dass einer der beiden Saerge fehlte. Darueber konnte nur mein Vater etwas wissen, weil er seit dem Tod seiner Frau allein auf dem Hof lebt. Aber mit dem Alter ist es so, dass die Erinnerung an juengere Ereignisse manchmal versagt. Man redet sich heraus und spielt Theater. Genauso gut haette es aber auch eine glatte Luege sein koennen, dass er nichts ueber irgendwelche Saerge wisse. Letztlich habe ich dann selbst herausgefunden, dass ein Antiquitaetenhaendler ihn billig gekauft oder geschenkt bekommen hatte, der das gut abgelagerte Holz fuer Reparaturen verwenden wollte. Weil der Sarg jedoch in seinem Laden offensichtlich Kunden abschreckte, hat er ihn weiter verschenkt oder verkauft. Dadurch war fuer mich das Paar der beiden Saerge, obwohl sie auch zwei Singles haetten sein koennen, irgendwie nicht mehr komplett. Und ich war enttaeuscht ueber die dilettantische, realistische Werteinschaetzung eines Gegenstandes, der fuer mich und einen kleinen Teil in der Welt der Kunst kulturelles Kapital darstellte. So wenig sie von Kunst auch verstanden, mein Vater und der Haendler hatten ja recht. Es waren nur ready-mades. Wenn ich das unbedingt noch einmal in einer Ausstellung zeigen wollte, waere es ein leichtes, neue Saerge zu kaufen …

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Allerdings war der Sarg, der nun fehlte, das mit Karmesin und Lapislazuli bemalte Bildpaar. Der verbliebene war wirklich nur ein unbearbeiteter Sarg. Ich hatte noch die Idee, ihn als Behaelter fuer die Lagerung anderer Kunstwerke zu verwenden, fand es aber unpraktisch. Dann fielen mir noch Arbeiten ein, die etwa zur gleichen Zeit entstanden waren. Skizzen, Bilder, Installtionen und Aktionen, die den Panzer von Schildkroeten, das Verhaeltnis von Flaeche zu Volumen thematisierten. Das brachte mich zu dem Entschluss, den Sarg in seine flaechigen Bestandteile zu zerlegen. Vermutlich wird er als Feuerholz enden. Das war ja von Anfang an seine Bestimmung.

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Test 12

Mir ist inzwischen auch klar, dass ich in die Loewen mit der Zeit immer mehr hinein interpretiert habe, als zur Zeit ihrer Entstehung ueberhaupt haette bedacht werden koennen. Und dass diese Anstrengungen dazu dienen sollen, ihren Wert wenigstens in meinen Augen zu erhoehen. Aber ist das nicht auch die Aufgabe von Kunstkritikern? Geschieht das nicht im Laufe der Kunstgeschichte sowieso, wenn verhindert werden soll, dass die Dinge in Vergessenheit geraten? Z.B. begann ich, in ihnen die beiden Augen zu sehen, die in der Volksrepublik ueber die Vereinbarkeit der sozialistischen Ideologie mit dem kapitalistischen System wachten. Sie wurden die Waechter, die die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten beaeugten und dann beobachteten, was bei diesem Schub fuer die Wirtschaft auf der Strecke blieb. Sie waren die beiden Soehne und Enkel, die Waechter der Dielentuer, als das Leben von drei Generationen unter einem neu gedeckten Dach erprobt wurde. Ich haette mir auch gewuenscht, dass sie Wache vor einem Museum halten, aber es ist nie zu einem Ankauf gekommen, obwohl sie oft gezeigt worden sind, im Schloss Celle, in Stuttgart … einmal habe ich sie in einem Opel Corsa durch einen Sturm, der Lkw’s von der Autobahn fegte, nach Muenchen transportiert. Der ueberladene Corsa hatte beste Strassenlage.

Ich weiss jedoch, dass all diese Erinnerungen und Interpretationen allesamt viel zu persoenlich sind, als dass sie fuer den Kunstdiskurs eine Rolle bei der Bewertung und Entscheidung, ob sie bleiben oder nicht, spielen koennten. Das war also letztlich ebenfalls mir ueberlassen. Ich dachte noch, dass sie in Katalogen abgebildet seien, aber das muss eine Fotomappe gewesen sein, die ich fuer Bewerbungen zusammengestellt hatte.

Nachdem ich sie vor Jahren probehalber vor die Scheune geschoben hatte, muss ein Schrotthaendler meinen Vater gefragt haben, ob er sie mitnehmen koenne. Er hat es nie erzaehlt,aber ich konnte es daraus schliessen, dass er mich bei einem meiner jaehrlichen Besuche gefragt hat, ob sie nicht weg koennten. Warum sich die Generation unserer Eltern nach dem Krieg zu Meistern der Vernichtung von Unkraut entwickelt hatte, konnte ich noch verstehen, nicht aber, dass etwas stoert, wo soviel Platz vorhanden ist. Beleidigend war ausser dem Unverstand fuer Kunst auch, dass die Entsorgung der daneben abgelegten rostigen Frontladergabel nicht in Frage kam. Im nachhinein betrachtet, koennte sogar, sagen wir der aesthetische Unterschied zwischen den Loewen und der Gabel eine Erklaerung fuer die Beurteilung gewesen sein. Will sagen, die Loewen sahen aus wie nutzlose Kunst, und die Gabel wie ein nuetzliches Werkzeug. In Zukunft sollte man darauf achten, die Grenze zwischen Kunst und Alltag noch mehr zu verwischen.

Es gab in der Scheune noch jede Menge anderen Eisenschrott, fuer den ich schon einen Haenger hatte. Das staerkste und vielleicht einzig noch gebliebene Argument dafuer, die Loewen zu behalten, war ihr Gewicht. Ich haette nicht gewusst, wie man sie auf den Haenger hatte hieven sollen, wenn

nicht ein ehemaliger Bauer einen Radlader gehabt haette. Aber … gesagt, getan. Beim Schrotthandel waren sie immerhin 50,- wert. Sie werden sicher eingeschmolzen, zu Baustahl geformt, von den Chinesen gekauft und in einem ihrer neuen Kernkraftwerke, das mit sicherer deutscher Technologie errichtet wird, den Beton armieren, bis sie wieder schmilzen …

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Test 13 a und b

Eine der beiden Arbeiten, die im Verlauf dieses Testes die gleiche Funktion uebernehmen sollen, ist die Buglinie. Sie ist nach der Methode entstanden, die ich bei einem aegyptischen Schiffsbauer in Assuan kennen gelernt habe. Beim Zuschneiden der Planken konnten abgeschnittene Reste verwendet werden, um die Form des Schiffsrumpfes zu gestalten. Ich war Kunststudent der Bildhauerei und wollte auf dieser Reise etwas ueber die Pyramiden lernen, beschaeftigte mich als ehemaliger Maler aber immer noch mit rechteckigen Bildformaten. Das konnten Bilder sein, gefundene Tueren oder eigens hergestellte Rechtecke, die duch einfache Schnitte und eine neue Anordnung eine andere Gestalt und Bedeutung erhielten.

Die Dialektik von Kon- und Destruktion in einem gestalterischen Prozess war dabei nicht nur theoretische Grundlage, sondern der ganze Spass an der Sache. Die Skizzen und Planung, die Vorarbeiten spitzten sich gewissermassen auf den Moment des Zerschneidens zu …

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Die andere Arbeit besteht aus und hiess, glaube ich auch, Dach und Boden (vielleicht auch mit einem Bindestrich statt und). Drei gleich grosse Flaechen waren im Raum so gelegt, gestellt und gehaengt, dass sie ein schwebendes offenes Haus bildeten.

Die Aussenflaechen des Daches waren mit Dachpappe gedeckt, die Innenflaechen tapeziert und mit Wolken bemalt. Auf der Bodenflaeche war eine abstrakte Blumenwiese gemalt.

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Die beiden Teile der Buglinie und die Bodenflaeche von Dach – Boden wurden auf dem Estrich des neuen Archivs als Schutz gegen Feuchtigkeit von unten ausgelegt.

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